Das Schwänzkesessen
Ein Besuch bei der „Mutter des Schwänzkesessen“ bringt es ans Niederkasseler Tageslicht:
Wer zeitig feiern will, muss fleißig arbeiten.
Und so kam es, vor vielen vielen Aschermittwochs als die ganze Niederkasseler Bevölkerung noch jung und schön war, dass der fleißige Goldschmied Franz Hüttemann, seines Zeichens ein stolzer Tonnengardist, seinem Kassierer Paul Tappe mitteilte: „Wenn du dä Beitrach hann willst, musse schon bei mich vorbei kümme und dich dä affhole. Ich bin selbstständig und hann kinn Zick.“ Gesagt getan. Und so kam der Kassierer in Begleitung seines Präsidenten Peter Steinhauer um den Beitrag des fleißigen Gardisten „einzutreiben“. Natürlich bat man dem Besuch auch ein kühles Getränk an, denn der Weg über die holprige „Landstraße“ machte selbst den ruhelosesten Vorstand durstig. Nach ein paar Flaschen Bier, etwas Schabau und einem kurzen Verzäll war der Spuk vorbei. Franz Hüttemann war um den Beitrag erleichtert, Präsident und Kassierer verließen gut gelaunt die Hüttemannsche Küche und freuten sich bereits, im nächsten Jahr wieder den Beitrag persönlich abholen zu dürfen. Augenscheinlich fühlte sich der Vorstand bei Hüttemanns so wohl, dass die Besuche nicht nur plötzlich und unerwartet mehrmals im Jahr stattfanden, nein, sie brachten sogar noch Verstärkung mit. Schäfers Jupp, Altstadt-Original und Tonnengardist, begleitete den Vorstand und unterhielt die Runde mit heiteren Liedern und allerhand Anekdötchen. Böse Zungen könnten nun behaupten: „Dä Schäfers Jupp, dä is nur dabei, weil dä Vertreter für Gatzweiler und Bommerlunder is.“ Die Vertretertätigkeit von Schäfers Jupp war neben seiner Anwesenheit natürlich nur ein positiver Nebeneffekt und so hielt allmählich das Fassbier Einzug ins Hause Hüttemann. Und da es sich mit mehr Menschen in der engen Küche gemütlicher feiern lässt, wurden es mit jedem Mal mehr Tonnengardisten. Man kann also sagen, dass der Dorffunk damals schon prächtig funktionierte.
Für das leibliche Wohl war natürlich die Dame des Hauses zuständig. Gertrud Hüttemann, die „Mutter des Schwänzkesessen“, versorgte die Anwesenden mit Häppchen, frisch belegt mit Leckereien aus der damals noch im Dorf praktizierten Hausschlachtung. „Was ein richtiger Metzger ist, braucht kein Brot“ dachte sich Paul Geerts, nahm ein mit Bauernwurst reich belegtes Häppchen, aß die Wurst und legte das nackte Brot lauthals lachend zu den noch belegten Häppchen zurück.
Als Dank und Anerkennung für Ihre hervorragende Bewirtung gab es für Gertrud bei den nächsten Treffen frische Narzissen vom Präsidenten Peter Steinhauer, der eine florierende Gärtnerei in Niederkassel betrieb. Heute kümmert sich Peter, inzwischen Ehrenpräsident, liebevoll um den großen Garten hinter dem Haus auf der Niederkasseler Straße, wo früher die Gärtnerei gestanden hat.
Was macht eine fleißige Hausfrau die mit Betten machen fertig ist und darauf wartet dass der Besuch kommt? Richtig, sie wirft einen kurzen Blick hinaus auf die Straße. Womit Sie jedoch nicht gerechnet hatte war die Tatsache, dass dieses Mal nicht der Gärtner für die „Blümkes“ zuständig war, sondern der Metzger… Und so stiegen aus des Metzgers Auto die Tonnengardisten und jeder hielt einen Strauß frische Schweineschwänze in der Hand.
„Schweineschwänze inner Blumenvase? Ne, dat sieht nicht aus“, dachte sich die Familie Hüttemann und so war klar wo der Weg der frischen Schwänzkes hinführte: Geradewegs in die Tiefkühltruhe. „Mache mer beim nächste mol Stätzkessupp von“, schlug Franz vor.
So wurden vor dem nächsten Treffen die Schwänzkes aus dem Tiefkühler geholt und dem riesige Einkochkessel (der sonst zum Marmelade kochen diente) wurde richtig Feuer unterm Hintern gemacht.
Darüber, dass während der Zusammenkünfte das Bierfass in der Diele auf dem Tresor und davor ein Schüsselchen um etwaige Tropfen aufzufangen stand, freute sich besonders Hausdackel „Zecke“. Während die Herren sich in der Küche an der Suppe labten, labte sich Zecke feuchtfröhlich am Schüsselchen vor dem Tresor. Das konnte man dem Hund später auch beim abendlichen Gassi gehen ansehen…
Ob Zecke wirklich nur aus der Schüssel getrunken hat oder ob das Deputat der Brauerei Gatzweiler mager ausfiel, ist nicht überliefert. Jedenfalls brachte Schäfers Jupp einen Kollegen, der im Linksrheinischen ansässigen Brauerei, mit. Damit war immer für genügend Gerstensaft gesorgt. Die Tatsache, dass die Brennerei Schmittmann gegenüber des Hüttemannschen Hauses liegt, kam der Runde ebenfalls zugute. So konnten sich die Gardisten am ein oder anderen „Nachbarschaftstrunk“ erfreuen.
Tja liebe Freunde der Tonnegarde. So ziehen die Jahre ins Land und das Schwänzkesessen ist eine der vielen Traditionen die der Tonnengarde erhalten blieb. Heute ist das Schwänzkesessen ein Dank an Freunde, Gönner und Sponsoren. Das „Schweineschwänzchenlied“ das von Jupp Schäfer gedichtet wurde, wird heute noch vor dem Schwänzkesessen angestimmt: